von Ida Fahlstedt
Foto: Anna Hållams/imagebank.sweden.se
Vielleicht hast du den amerikanischen Horrorfilm Midsommar gesehen? Der Film aus dem Jahr 2019 ist ein Horrorthriller über ein paar amerikanische Jugendlichen, die nach Schweden reisen, um alte Mittsommertraditionen zu erleben. Allerdings übertreffen diese Traditionen die Erwartungen der Jugendlichen bei weitem, da sie im Laufe des Films eine nach der anderen geopfert werden, um das Böse von den Dorfbewohnern fernzuhalten. Aber basieren diese Tradition auf der Realität? Die Antwort: nicht viel.
Zwar tragen Schweden zur Mittsommernacht Blumenkränze und tanzen um Blumenstangen, aber viel mehr als das stimmt eigentlich nicht. Viele Schweden beschreiben Mittsommer als eine vorchristliche Tradition, die lange zurückreicht, aber es gibt keine tatsächlichen Beweise dafür. Während der nordischen Bronzezeit waren die nordischen Menschen Sonnenanbeter. Felszeichnungen stellen diese Bräuche und Traditionen dar, beschreiben jedoch nicht, wann sie durchgeführt werden. Der Grund, warum ich Sonnenanbeter erwähne, ist, dass Mittsommer nur ein paar Tage vor der Sommersonnenwende stattfindet, genau wie Heiligabend um die Wintersonnenwende herum stattfindet.
Ob und wie Mittsommer gefeiert wurde, bevor der Norden christianisiert wurde, können wir also nicht beweisen, aber mit der Christianisierung des Nordens brachte das Christentum die Feier des Geburtstages von Johannes dem Täufer mit sich. Dieser Tag wird am 24. Juni gefeiert und gilt als Grundstein für das heutige Mittsommerfest. Mittsommer hat daher starke christliche Einflüsse, so wird der Tag beispielsweise auf Finnisch „Juhannus“ genannt, auf Finnisch-Schwedisch manchmal „Johanne“, in Island „Jónsmessa“, in Dänemark und Norwegen „sankthans“, in Norwegen auch „jonsok“ und in eigenen englischsprachigen Gebieten „Saint John´s Day“. Auf schwedisch heißt der Feiertag schlicht „midsommar“.
Allerdings war Mittsommer nicht nur ein Fest zur Erinnerung an den heiligen Johannes, sondern galt angeblich auch als eine Zeit der Magie. In der Folklore der Bauerngemeinden war die Mittsommernacht ein wichtiger Zeitpunkt. Diese Nacht war eine der magischsten Nächte des Jahres, in der die Natur von übernatürlichen Kräften erfüllt war. Die Grenze zwischen der menschlichen Welt und dem Übernatürlichen war in dieser Nacht durchlässiger als sonst. Es gibt viele Geschichten über erstaunliche Dinge, die angeblich passiert sind. In dieser Nacht pflückten Bauern häufig Heilpflanzen, da man glaubte, sie seinen wirksamer als gewöhnlich. Sie banden auch Blumensträuße aus diesen Pflanzen, um den Zauber der Nacht für den Rest des Jahres zu bewahren.
In der bäuerlichen Gesellschaft gab es auch viele Volksglauben über Wahrsagerei. Die großen Feiertage des Jahres galten als besonders geeignet für Wahrsagerei. Eine dieser alten Traditionen lebt noch heute weiter. Je nachdem, wen man fragt, sollten sieben oder neun verschiedene Blumen gepflückt und unter das Kissen gelegt werden, damit man in der Nacht von dem oder der träumen kann, die man eines Tages heiraten wird.
Foto: Anna Hållams/imagebank.sweden.se
Mittsommer wird in den verschiedenen nordischen Ländern auf unterschiedliche Weise gefeiert und hat derzeit keinen wesentlichen Zusammenhang mit der Geburt von Johannes dem Täufer. In Dänemark und Norwegen wird Mittsommer durch das Anzünden von Lagerfeuern und Spielen, in Dänemark auch durch das Verbrennen von Papierhexen, gefeiert. In Dänemark werden oft Mittsommerlieder am Lagerfeuer gesungen. „Sankthansaften“ fällt immer auf den 23. Juni – den Tag vor dem Tag Johannes des Täufers – unabhängig davon, welcher Wochentag es ist. In Island feiert man Mittsommer nicht traditionell, aber mit Influencern von außerhalb wird es mittlerweile an schicksalhaften Orten gefeiert.
In Finnland wurden die drei Feiertage, der kirchliche Johannes der Täufers Tag, der staatliche finnische Flaggentag und das volkstümliche Mittsommerfest zu einem Mittsommerwochenende zusammengefasst. Zu den Traditionen im finnischsprachigen Finnland gehören Mittsommer-Sauna, Mittsommer-Lagerfeuer, vorzugsweise am Strand, und Mittsommer-Tänze. Im schwedischsprachigen Finnland weist der Mittsommer Merkmale sowohl finnischer als auch schwedischer Traditionen auf. Das Mittsommerfest hat bis heute Tradition, vor allem in den schwedischsprachigen Gebieten Finnlands gibt es Mittsommerfeuer. Das Aussehen des Mittsommerstange har sich im Laufe der Zeit verändert, so hat beispielsweise jede Gemeinde auf Åland ihre eigene Variante.
In Schweden ist die häufigste Mittsommerfeier mit dem Tanzen um eine Mittsommerstange verbunden – eine mit Blättern und Blumen geschmückte Stange, entweder in Form eines Kreuzes mit Kränzen, die an einer Querstange hängen, oder eines oder mehrerer größerer Kränze, die an Bändern hängen und den Pfahl umschließen. Die Feiernden bilden Ringe und tanzen herum die Stange, während sie traditionelle Lieder singen. Der Mittsommerbaum kam vermutlich im 14. oder 15. Jahrhundert aus Deutschland nach Schweden. Er wird auch „Majstång“ genannt, viele glaube, dass der Name vom deutschen Maibaum stammt. Am Mittsommerabend ist es auch Brauch, einen Mittsommerkranz im Haar zu tragen. Der Mittsommerkranz besteht traditionell aus Blumen und Birkenknospen und wird entweder durch Stahlkabel oder Nähgarn zusammengehalten.
Mittsommer ist vor allem ein Volksfest, eine Möglichkeit für Freunde und Familie zusammenzukommen und den Sommer zu feiern. Man isst Hering, auf verschiedene Arten eingelegte, zusammen mit saurer Sahne, Schnittlauch und neuen Kartoffeln. Und natürlich auch Erdbeeren. Es wird auch viel Schnaps getrunken, und natürlich muss man vor jedem Glas ein Lied singen.
Was ist also mit dem Horrorfilm Midsommar? Wer Mittsommer erleben will, muss nicht befürchten, in einem alten Ritual geopfert zu werden. Die meisten Dörfer und Städte haben ihre eigenen Mittsommerfeiern, die man besuchen kann, aber am besten feiert man mit seinen Lieben. Lernt also den Text von „Helan går“ und macht dich bereit, bei den Schnaps der Schweden mitzusingen!
Helan går Sjung hopp faderallan lallan lej Helan går Sjung hopp faderallan lej Och den som inte helan tar Han heller inte halvan får
Helan går (Trink) Sjung hopp faderallan lej
Foto: Per Bifrost/imagebank.sweden.se
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